Over­tou­rism


Overs­tou­rism: Masse zieht Masse an

Nach Ams­ter­dam und Dubrov­nik werden Laven­del­fel­der platt gemacht: Ams­ter­dam, Dubrov­nik, Vene­dig: die Bewoh­ner dieser Städte stöh­nen laut und zeigen ihre Wut. Es kommen einfach viel zu viele Tou­ris­ten. Over­tou­rism. Nun haben sie die Natur ent­deckt. Und auch hier sind Insta­gram und Pin­te­rest die Ursa­che für eine Mas­sen­be­we­gung.

Eine gute Nach­richt: Sie gehen wieder vor die Tür, in die Natur.

Aller­dings zer­tram­peln sie Berg­wie­sen, Laven­del- und Tul­pen­fel­der und alles, was auf dem Weg zum per­fek­ten Foto im Weg ist. Dabei spielt nicht unbe­dingt das Selfie die Haupt­rol­le, auch keine bunt deko­rier­te Müs­li­bowl, son­dern der wun­der­voll fun­keln­de See vor male­ri­scher Berg­ku­lis­se mit Schnee bedeck­ten Gip­feln.

Vom Natur­idyll zum Alp­traum für die Anwoh­ner

Der Prags­er Wild­see wird nach seiner vira­len Ver­brei­tung über Insta­gram täg­lich von 7.000 Fahr­zeu­gen heim­ge­sucht. Für die 652 Ein­woh­ner der Süd­ti­ro­ler Gemein­de ein geleb­ter Alp­traum. Die Nach­ah­mer wollen das­sel­be Motiv wie ihre Vor­bil­der schie­ßen und in ihrer Insta­gram-Story prä­sen­tie­ren. Dabei gibt es doch schon über 240.000 Insta­gram Posts für #lagodi­brai­es, so der ita­lie­ni­sche Name des einst idyl­li­schen Berg­sees.

Am Schwei­zer Oeschi­nen­see, auf über 1.500 Metern im Berner Ober­land gele­gen, macht man es der glo­ba­len Insta-Com­mu­ni­ty ganz bequem. Direkt an der Berg­sta­ti­on der Seil­bahn gibt es einen E‑Bus, der die per­fekt gestyl­ten Edel-Snea­k­er Träger(innen) zum Hot Spot fährt und zurück.

Doch nicht nur die Berge haben große Anzie­hungs­kraft. Diesen Sommer wurden die Laven­del­fel­der der fran­zö­si­schen Pro­vence von Horden heim­ge­sucht – und zer­tram­pelt.

Der Grund: Das auf­stre­ben­de Mode­la­bel Jac­que­mus insze­nier­te dort seine Kol­lek­ti­on und sti­mu­lier­te damit mas­sen­wei­se Nach­ah­mer.

Insta­gram: Nicht nur Fluch

Die por­tu­gie­si­sche Stadt Porto freute sich anfangs über die glo­ba­le Wahr­neh­mung: Social Media Posts zeig­ten die Schön­heit der Stadt, die Über­nach­tungs­zah­len gingen durch die Decke und die Restau­rants waren rap­pel­voll.

Die Kraft von Social Media haben längst auch Hote­liers ent­deckt. Sie enga­gie­ren Influen­cer, um den Blick vom Pool, die sty­li­sche Bar oder die mega Smoothie-Aus­wahl beim Früh­stück auf Insta­gram zu bewer­ben.

Mit Erfolg: Der Aus­blick aus einem Schwei­zer Luxus-Hotel wurde auf Insta­gram tau­send­fach gelik­ed. Auch so manche bis­lang wenig bekann­te Tou­ris­mus­de­sti­na­ti­on hat von diesen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nä­len pro­fi­tiert. Völlig neue Ziel­grup­pen werden auf Hotels, Restau­rants, Land­schaf­ten, Kin­der­er­leb­nis­se, Rad- und Hiking­tou­ren auf­merk­sam.

Post gegen Bett

Nun gibt es Ver­su­che, die Spiel­re­geln zu ändern: Selbst­er­klär­te Influen­cer nerven Hotel­be­trei­ber mit For­de­run­gen nach All-inclu­si­ve Auf­ent­hal­ten und bieten im Gegen­zug Posts auf ihren Social Media Accounts.

Bis zu 20 Anfra­gen erhal­te man täg­lich, beklagt ein Hote­lier. Der Banana Beach Club auf den Phil­ip­pi­nen setzte sich mit einem tau­send­fach geteil­ten Post, der mit den Worten „oder geht end­lich rich­tig arbei­ten“ abschließt, gegen die Flut von Influen­cer-Anfra­gen zur Wehr.

Ein iri­sches Hotel ver­bann­te vor­über­ge­hend alle Blog­ger und Influen­cer. Popu­la­ri­tät als Zah­lungs­mit­tel? Solch ethi­sche Fragen muss jeder Influen­cer für sich beant­wor­ten. Längst beschäf­ti­gen sich Insti­tu­tio­nen wie der Wer­be­rat oder der neu gegrün­de­te Bun­des­ver­band Influen­cer Mar­ke­ting damit.

Offen bleibt die Frage:

Warum muss man zu Orten, wo alle schon waren, und einen See foto­gra­fie­ren, den schon eine Vier­tel­mil­li­on ande­rer gepos­tet haben?

Viel­leicht kann man von der Dyna­mik einer selbst­ge­schaf­fe­nen Anzie­hungs­kraft spre­chen. Klas­si­sche Rei­se­füh­rer (die man früher in Buch­form gekauft hat) und auch Platt­for­men wie tri­p­ad­vi­sor arbei­ten noch heute mit den „belieb­tes­ten High­light“, die man sehen muss. Für Indi­vi­dua­lis­ten ist das ein Grund, genau diese Loca­ti­ons zu meiden.

Für viele heißt das: Da muss ich hin …

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Marion Endres - Inhaberin IDEENHAUS

Marion Endres

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